"Wald mit Wild" anstelle "Wald vor Wild" - Pressemitteilung des MIT Landesverbandes09.02.2021

"Wald mit Wild" anstelle "Wald vor Wild"


Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Thüringen unterstützt die Forderungen privater Waldbesitzer, Landwirte und Jäger in Thüringen hinsichtlich einer dringenden Anpassung der geplanten Novellierungen von Bundesjagdgesetz und Thüringer Jagdverordnung.


Neben weiteren Neuregelungen für die Jagdausübung sollen die Novellierungen in erster Linie das Ziel verfolgen, einen Waldumbau hin zu klimastabilen Mischwäldern durchzuführen, um so eine an den Klimawandel angepasste Waldbewirtschaftung zu ermöglichen. Jeder Hektar Windwurf- oder Borkenkäferfläche ist ein Hektar zu viel, hier sind sich alle Beteiligten einig.
Aber die in den Novellierungen enthaltenen geplanten Maßnahmen zur Regelung des Wildabschusses sind höchst kritisch zu bewerten. Ziel muss es sein, dass Wald und Wild in einer Balance miteinander leben und teils überhöhte Schalenwildbestände nicht weiter ihre eigene Lebensgrundlage zerstören. Die geplanten Regelungen stellen jedoch eine Balance zwischen den forstwirtschaftlichen Zielen und den Ansprüchen der Wildtiere in Frage.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Thüringen steht an der Seite von 200.000 Kleinprivatwaldbesitzern mit einer durchschnittlichen Waldbetriebsfläche von 1 Hektar, die niemals in der Lage sind, solche Waldumbaumaßnahmen wie der große Waldbesitz (ThüringenForst/AöR bzw. der Mittlere Privatwald) vorzunehmen. Die Vielzahl der Waldbesitzer sind bei der Aufforstung heimischer Baumarten staatlicherseits zu unterstützen.
In vorliegenden Entwürfen findet sich u. a. die neu eingefügte Zielsetzung, wonach die Hege „insbesondere die Verjüngung des Waldes im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen“ ermöglichen soll. Bereits hier widersprechen viele Forstexperten dem vollständigen Verzicht auf Schutzmaßnahmen und bewerten diesen als praxisfern. Grundsätzlich ist es das Ziel der Waldbewirtschaftung, die natürliche Wiederbewaldung ohne zusätzliche Maßnahmen – also alleine mit den Kräften der Natur – zu erreichen. Aber je nach Standort ist es fraglich, ob dies so gelingt: Etwa wenn sehr seltene Baumarten wie Elsbeere oder Speierling gepflanzt werden. Oder wenn für den so wichtigen Umbau hin zu gemischten Wäldern Buchen und Eichen in Kiefernbestände oder Weißtannen in Fichtenbestände eingebracht werden. Hier muss man abwägen und Vor- und Nachteile einander gegenüberstellen.
Ebenso kritisch werden die Neuregelungen zur Abschussplanung des Schalenwildes bewertet. So sollen die Ergänzungen und Neuregelungen zur Abschussplanung beim Rehwild dazu beitragen, dass diese ständig auf ein Maß reduziert werden, um den Waldumbau überall durchzusetzen. Bezogen auf 27 % der Waldfläche Deutschlands würde dies einen Wald ohne Wild bedeuten: Dort wirken nämlich die in die Nadelholzreinbestände hinzugepflanzten Laubbäume auch auf das letzte Reh wie ein Magnet.
Auf den ersten Blick könnten zwar mit der vollständigen Aufhebung der behördlichen Abschusspläne für Rehwild die unteren Jagdbehörden entlastet werden und somit zum deutschlandweit dringend notwendigen Bürokratieabbau beitragen. Aber eben nur auf den ersten Blick.
Zukünftig soll stattdessen der Abschuss über Regelungen erfolgen, wozu die Verpächter und Pächter eine vertragliche Basis finden müssen. Dazu bedarf es aber dringend notwendiger fachlicher Beratung und Unterstützung durch die Jagdbehörden sowie ein regelmäßiges Monitoring zum Wildbestand und den Waldwildschäden (Verbiss und Schäle). Für Jagdbezirke, die laut Monitoring zu hohe Wildbestände und Schäden aufweisen, muss die behördliche Abschussplanung beibehalten werden. Die Behörden haben dort den Vollzug zu kontrollieren und ggf. Maßnahmen für dessen Einhaltung zu ergreifen. Die Waldbesitzer müssen darauf vertrauen können, dass der Staat sich um den Schutz ihrer Eigentumsinteressen bei der Abschussregelung sorgt. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen würden die Waldbesitzer zwingen, bestehende Defizite bei der Abschussregelung auf privatrechtlichem Weg vor Gericht (Klage gegen die eigene Jagdgenossenschaft) zu führen. Der Friede in den Dörfern wäre damit in Gefahr, da der Gesetzentwurf ein außergerichtliches Verfahren zum Interessensausgleich vor einer neutralen Behörde bislang nicht vorsieht.
Überall dort, wo aufgrund überhöhter Wildbestände eine Waldverjüngung mit klimastabilen Baumarten nicht möglich ist, müssen Waldbesitzer als Zwangsmitglied einer Jagdgenossenschaft weiterhin darauf vertrauen können, dass sie der Staat beim Schutz ihres Eigentums unterstützt. Hier muss es bei einem behördlichen Abschussplan bleiben!
Andere Schalenwildarten wie das in Thüringen beheimatete Rotwild, Damwild oder Muffelwild werden übrigens weiterhin über Abschusspläne bejagt, der von der zuständigen Behörde zu bestätigen oder festzusetzen ist.
Übrigens verliert der Entwurf der BJagdG-Novelle kein Wort über die landwirtschaftlich genutzte Fläche (181.625 km², immerhin über 50 % der deutschen Gesamtfläche), die neben stark rückläufigen Wildarten auch etlichen bedrohten nicht jagdbaren Arten als Lebensraum dient, aber regional zunehmend Wildschäden durch Schwarzwild verzeichnet. Im Blickpunkt steht in den obigen Entwürfen allein der Wald. Die ökologische Aufwertung des Offenlandes mit Pflege und Erhaltung der Thüringer Kulturlandschaft bleibt unberücksichtigt.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Thüringen fordert deshalb dringend eine Nachbesserung bei den geplanten Novellierungen: Für den notwendigen Waldbaubau braucht es geeignete Schutzmassnahmen, bei denen auch kleine Privatwaldbesitzer unterstützt werden müssen. Anstelle von „Wald vor Wild“ muss es heißen: „Wald mit Wild“.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion von CDU und CSU (MIT) ist mit mehr als 25.000 Mitgliedern der stärkste und einflussreichste parteipolitische Wirtschaftsverband in Deutschland. Die MIT vertritt die Interessen der Mittelständler und setzt sich für mehr Unternehmergeist in der Politik ein.

 

Kontakt
Prof. Dr. Regina Polster – Landespressesprecherin MIT Thüringen
c/o CDU Thüringen
Friedrich-Ebert-Straße 63
99051 Erfurt
Mobil: 0171 7900642
r.polster@MIT-thueringen.de

 

zum Archiv >>