Initiativantrag zum CDU-Landesparteitag am 16. Oktober 202118.10.2021

 

 

Initiativantrag zum CDU-Landesparteitag am 16. Oktober 2021

(von den Delegierten beschlossene Fassung)

Antragsteller:

MIT Mittelstands- und Wirtschaftsunion Thüringen, SU Seniorenunion Thüringen, JU Junge Union Thüringen, FU Frauen Union Thüringen, KPV Thüringen

 

Unsere CDU braucht einen Wandel – im Bund und im Land

Die erheblichen Verluste der CDU in der Bundestagswahl 2021 müssen analysiert und konsequent aufgearbeitet werden. Tiefgreifende Maßnahmen sind dringend erforderlich, damit die ehemals Zukunft gestaltende und Verantwortung tragende Volkspartei CDU nicht in die Bedeutungslosigkeit abgleitet.

Verluste von 7,9% bei den Zweitstimmen haben bei der Bundestagswahl 2021 dazu geführt, dass die CDU auf Bundesebene nur noch zweitstärkste Kraft nach der SPD ist. Im Unterschied zu 2017 gingen 49 Mandate verloren.

Überdurchschnittliche CDU-Verluste in Thüringen im Bundesvergleich

Die Wahlergebnisse in Thüringen zeigen noch dramatischer unsere Probleme auf: Ein Verlust von 11,9% bei den Zweitstimmen; Verlust von 7 Direktmandaten; anstelle von 8 Abgeordneten nur noch 3 Thüringer CDU-Abgeordnete. Es ist uns in Thüringen weder gelungen, die zur Landtagswahl 2019 zur AfD abgewanderten Wähler zurückzugewinnen, noch konnten wir verhindern, dass die SPD starke Zugewinne verzeichnen kann. Die CDU ist in Thüringen nach AfD und SPD nur noch drittstärkste Kraft.

In Thüringen stehen 2022 die Wahlen der Bürgermeister und 2024 Europa-, Landtags- und Kommunalwahlen an. Kräfte von rechts und links werden ihre Begehrlichkeiten auf diese Ämter anmelden. Unsere bisherige Stärke einer starken Präsenz unserer CDU-Mitglieder als Mandatsträger, unsere Thüringer kommunale Familie, ist in Gefahr. Wir müssen handeln!

Fehler auf Bundes- und auf Landesebene

Die derzeit vielfältig diskutierten Ursachen der politischen Entwicklungen reichen von falschen personellen Entscheidungen, Ignoranz der Basiswünsche, Auswirkungen der Migrations- und Coronapolitik bis hin zu einem zunehmenden Verlust unseres „Markenkerns“. In Thüringen kam noch ein zusätzlicher Vertrauensverlust durch die „Maskenaffäre“, die Umstände um die Wahl Thomas Kemmerichs, den Stabilitätspakt mit RRG und die abgesagte Landtagswahl dazu. In den letzten Monaten hat sich ein tiefer Graben zwischen der Basis und der Parteiführung gebildet. Wahlent-scheidungen wurden gegen die mehrheitliche Meinung der Basis getroffen. Insgesamt kämpfen wir mit einer zunehmenden Demotivation unserer Mitglieder, einem zunehmenden Verlust von Unterstützern und einer fehlenden Geschlossenheit.

Bei einem Unternehmen würde man sagen: Die Kunden wollen das Produkt nicht mehr; das Image ist schlecht, wir verlieren Marktanteile, unsere Prozesse sind fehleranfällig und unsere internen Strukturen greifen nicht, um sich an die aktuellen Marktanforderungen anzupassen. Wir sind nicht wettbewerbsfähig. Es besteht für die CDU die Gefahr des Konkurses oder mindestens der Bedeutungslosigkeit.

Wir müssen das Ruder wieder gemeinsam rumreißen!

Wir brauchen eine Neuaufstellung der CDU-Thüringen und wir brauchen eine gemeinsame Vision. Wie soll unser Thüringen 2030 aussehen?

Um wieder erfolgreich zu sein, fordern wir ein 5-Punkte Programm:

Neben dem Leitbild Thüringen 2030 müssen wir unsere CDU Thüringen auf den Prüfstand stellen. Wofür stehen wir? Wohin wollen wir? Und wir müssen sowohl aufhören, populären Themen der politischen Gegner hinterher zu rennen, noch dürfen wir wichtige Themen ignorieren. In den vergangenen Jahren haben wir deshalb u.a. in unseren Kernkompetenzen Wirtschaft, innere Sicherheit und Bildung bei den Wählern an Vertrauen verloren. Unser „Markenkern“ braucht eine zukunftsorientierte Ausrichtung. Dies geht nur gemeinsam mit der Basis. Und dann müssen wir fest und verlässlich zu unseren Werten stehen.

Wir brauchen eine intensivere Einbindung der Basis, denn hier wird Politik vor Ort gemacht und hier liegen unsere fachlichen Kompetenzen und unsere Stärke. Nicht hinterher informieren, sondern frühzeitige Beteiligung und Mitbestimmung sind die Zauberworte, mit denen wir unsere Mitglieder wieder an uns binden und neue Mitglieder gewinnen können. Dabei heißt es, unter Einbindung der Vereinigungen und Sonderorganisationen und aller politischen Ebenen auch neue Beteiligungsstrukturen zu schaffen. Anstelle von Parteitagen, auf denen normale Mitglieder kein Rederecht haben, brauchen wir verstärkt interaktive Plattformen und müssen auch unsere Delegiertenstrukturen auf den Prüfstand stellen. In unseren Satzungen sind basisorientierte Beteiligungsformen zu verankern. Das können Mitgliederentscheide mit niedrigen Zugangsquoren, Mitgliederparteitage, regelmäßige Ortsvorsitzendenkonferenzen und anderes mehr sein. Für Delegiertenwahlen und Wahlen der Vorstände können Beschränkungen dergestalt eingeführt werden, dass hauptamtlich in der Politik Tätige und Angestellte der Partei hier nicht die Mehrheit stellen.

Die interne Organisationsstruktur muss modernisiert werden. Die CDU Thüringen hat durch den Verlust an Mitgliedern, Stimmen bei Wahlen und Mandatsträgern mit finanziellen Auswirkungen und mit fehlenden Ansprechpartnern vor Ort zu kämpfen. Unsere Kreisgeschäftsstellen müssen zeitintensive Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Gleichzeitig wird eine 24/7- Rund-um-die-Uhr Erreichbarkeit erwartet. Hier brauchen wir unter Nutzung moderner Technologien neue Prozesse.

Wir brauchen eine strategische Personalentwicklung. Potentielle Kandidaten müssen frühzeitig aufgebaut werden. Sie dürfen nicht als Konkurrenten um Posten gesehen werden, sondern als wichtige Mitstreiter um ein gemeinsames Ziel: Die CDU Thüringen zu alter Stärke auf allen politischen Ebenen zurückzuführen. Nur gemeinsam und in Geschlossenheit können wir dies erreichen.

Und schließlich brauchen wir eine Parteiführung, mit der sich die Basis und unsere Wählerschaft identifizieren kann. Es muss Schluss sein mit Grabenkämpfen und einer Beschäftigung mit sich selbst. Wir erwarten eine präsente Parteispitze, führungs-stark und integrierend, offen für einen kritischen und konstruktiven Dialog mit der Basis und gleichzeitig stark in der Konfrontation mit dem politischen Gegner.

Es ist unter breiter Einbindung der Basis ein überzeugendes inhaltliches, personelles und organisatorisches Angebot der Partei zu erarbeiten und dem nächsten Parteitag vorzulegen. Diese folgen dem Ziel, dass unsere Partei wieder zu der christlich-sozialen, bürgerlich-liberalen Kraft, zu einer modernen konservativen Union wird, die breite Schichten und Interessen integriert.

 

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